...und was es heißt Psychiaterin zu sein

In leicht verständlichen Worten:
Als Psychiaterin bin ich zunächst einmal Ärztin, d. h. ich habe ein Medizinstudium durchlaufen, habe einen hippokratischen Eid geschworen, habe eine Dissertation zu einem medizinischen Thema geschrieben und habe eine 6 jährige Facharztausbildung absolviert bis ich dann die Facharztprüfung im Fach Neurologie und Psychiatrie bestanden habe.

Die Psychiatrie beschäftigt sich mit den Wesenheiten des Menschen, mit seiner Seele und seinem Verhalten in allen möglichen Ausprägungen. Das Wichtigste in dem Beruf ist Erfahrung mit vielen Menschen auf der Grundlage einer soliden medizinischen Ausbildung. Viele psychiatrische Phänomene entstehen durch eine organische Grundkrankheit, eine Psychiaterin muss diese Zusammenhänge kennen und diagnostizieren können, damit sie die betroffenen Kranken einer geeigneten Behandlung zuführen kann.

Eine gut ausgebildete Psychiaterin ist also erst einmal auch eine gute Ärztin mit fundiertem Grundlagenwissen in innerer Medizin und Chirurgie, Neurologie, Neuroradiologie, Neuropathologie und Neuropsychologie.

Das Fach Psychiatrie erfordert eine besondere Haltung zum Menschen, es ist nicht immer leicht "das Ver-rückte" zu verstehen, zu ertragen, zu erkennen, einzuordnen und zu behandeln. Das erfordert sehr viel Erfahrung mit dem "Verrücktsein". Im Laufe meiner Tätigkeit habe ich "das Verrückte" sehr lieben gelernt, ich suche es geradezu und das macht mich besonders fähig in meinem Beruf erfolgreich zu sein. Die Menschen, die ich sehe kommen häufig mit einem besonderen Vertrauen zu mir, sie vertrauen in meine Erfahrung, sie vertrauen sich mir an, insbesondere meiner Fähigkeit sie anzunehmen, sie zu trösten, sie in ihrem Kummer, in ihren Krisen annehmen und begleiten zu können. Einerseits habe ich als Psychiaterin eine Einordnung von verschiedenen Zustandsbildern und Diagnosen gelernt und kann Symptome bewerten, andererseits ist es manchmal sehr entlastend, die Menschen gerade nicht zu (ent)-werten und in diagnostische Schubladen einzuordnen.

Für die Arbeit mit Versicherungen und manchmal als beschreibendes Hilfsmittel im Arztbericht an Kollegen sind Werkzeuge wie diagnostische Kriterien nach ICD 10 und DSM IV hilfreich. Im Kontakt mit dem Patienten selbst stören diese diagnostischen Manuale häufig und verhindern, dass sich ein Mensch in seinem "So-sein" angenommen und aufgehoben fühlt. Auch haben viele Menschen große Angst vielleicht nicht "normal" zu sein.

Die tägliche Arbeit einer Psychiaterin besteht vor allem darin, aktiv zuhören zu können. Sie denkt sich hinein in das, was ihr berichtet wird, sie nimmt Anteil, sie hält eine Situation, sie hält einen Menschen (im übertragenen Sinn) , tröstet, befindet sich im Dialog und hat sehr viel Geduld und Zeit. Die Gefühle von Menschen können sehr intensiv sein, diese Gefühle brauchen Raum, Verständnis und Annahme. Gefühle, die häufig unterdrückt wurden müssen sich erst einmal ausbreiten dürfen bevor sie dann verstanden werden können. Menschen dürfen also weinen und eine psychiatrische Aufgabe ist es, den (oft lange zurückgehaltenen) Tränen freien Raum zu schaffen und freien Lauf zu lassen.

Ein zweiter großer Teil der täglichen Arbeit mit Menschen ist es all diese verwirrenden, chaotischen Gefühlswelten langsam verstehen und einordnen zu können. Da gibt es ganz archaische Gefühle, die extrem intensiv sein können, dann wieder verstehbare Gefühle aus dem hier und jetzt (z.B. ein Arbeitsplatzkonflikt), dann auch die Situation gar nichts fühlen zu können.

Die Arbeit mit den Gefühlen der Menschen ist ein Prozess, der einen Erkenntnisgewinn, eine Weiterentwicklung, eine Gesundung von Menschen zum Ziel hat. Medikamente können diesen Prozess stützen und stärken und sind deshalb manchmal sehr hilfreich.
in solcher (therapeutischer) Prozess setzt sich aus vielen Einzelschritten zusammen, die einzelnen Schritte führen zu einem neuen Verständnis von oft ganz existenziellen Fragen:
Wer bin ich?,
Was macht mich als Wesen aus?
Woher komme ich?
Was ist mir wichtig?
Wie will ich leben?
Wie kann ich lieben?
Was ist meine Aufgabe im Leben?
Welche Gaben bringe ich mit und wie kann ich sie einsetzen?
Was habe ich immer gewollt und nie bekommen? etc. etc. etc. .....

Solche Dialoge über die oben angeschnittenen Fragen bedeuten für die Menschen mit denen ich arbeite und mir als Psychiaterin häufig ein großes Glück und die Zufriedenheit in meinem Beruf hängt mit der individuellen Beantwortung dieser Fragen eines jedes Menschen für sich eng zusammen.


In Zukunft möchte ich meine Erfahrung mehr in Gespräche mit noch "gesunden" Menschen einbringen. Die Medizin hat verstanden, dass Prophylaxe - also Krankheitsvorbeugung - ein ganz wichtiges Gebiet ist. Also nicht erst therapieren, wenn die Erkrankung da ist, sondern dem Ausbruch der Erkrankung vorbeugen. Ich werde in Zukunft in die Betriebe gehen und Menschen im Arbeitsprozess und Menschen in Verantwortung für ein Gespräch zur Verfügung stehen. Menschen können mich dann ansprechen, wenn sie sich "komisch" fühlen. Wenn sie sich ratlos erleben, wenn sie Angst haben, wenn sie einen Konflikt spüren, wenn sie den Dialog suchen, wenn sie etwas in sich verstehen wollen, wenn sie sich entwickeln wollen, wenn sie mit sich selbst Fortschritte machen wollen, wenn sie das Leben voller genießen möchten, wenn sie verzweifelt sind, wenn sie sich in einer Sackgasse erleben und wenn sie spirituelle, existentielle oder religiöse Fragen haben oder wenn sie gar nicht mehr weiter leben wollen. Alles das, was das Leben zu bieten hat kann mit einer einfühlsamen, erfahrenen und verständnisvollen Psychiaterin besprochen und geteilt werden. Ich arbeite lösungsorientiert, habe Erfahrung im Projektmanagement, kann Zeit und Themen strukturieren und habe eine Zusatzausbildung der University of Toronto, Canada zum Thema Lernen des erwachsenen Menschen.

Wichtig für die Erhaltung meiner eigenen Gesundheit und meiner eigenen Lebenszufriendenheit ist mir mein enger Kontakt zu einer anderen Kultur. Eine andere Kultur sieht "Verrücktheiten" anders und diese kulturell andere Perspektive bringe ich in die Gespräche ein. Was hier vielleicht "verrückt" ist, ist anderswo gewollt. Das Kreative, das Lebendige liegt oft dicht neben dem "Verrückten". Aus der Erkenntnisgewinnung im Kulturvergleich lassen sich unschätzbar viele neue Perspektiven, Orientierungen und Standortbestimmungen ableiten.

Soviel für den Anfang, vieles Weitere kann folgen.....

Dr. med. Silke Eden
Fachärztin für Nervenheilkunde und Psychotherapie
Institutsleiterin des SE-I
Institut für Integrative Kommunikation
Tel 06221-656919